Samstag, 9. November 2013

Mich aufrichten, mich ausrichten

Ich richte mich auf, immer wieder, immer wieder aufs Neue. Mich aufzurichten bedeutet für mich, in mir Stabilität zu finden, in mir die Kraft zu suchen, um mich in meiner ganzen Dimension zu entfalten. Es bedeutet auch zu überlegen, wie viel Platz ich in welchen Räumen für mich und meine Themen einnehme.
Die Herausforderung ist aufgerichtet zu bleiben, nicht vor Scham- und Schuldgefühlen zu versinken oder zu verschwinden, wenn Kritik an mich herangetragen wird. Aufgerichtet zu bleiben, um eine Fläche zu bieten, an der die Kritik nicht abprallt, sondern möglichst viele Öffnungen zu schaffen, um Kritik aufzunehmen.
Immer wieder aufrichten, weil die Welt mich klein halten möchte. Immer wieder aufrichten aber auch, weil ich mich selbst nicht als Opfer denken will und ich nicht so tun muss, als würden mir nicht auch Räume geboten, wo ich mich auf Kosten anderer ausdehnen kann. Zu verweigern diesen Raum zu nehmen und trotzdem aufgerichtet zu bleiben.

Mich aufrichten und mich ausrichten.

Ich richte mich aus, immer wieder, immer wieder aufs Neue. Mich auszurichten bedeutet für mich, mich zu orientieren, meinem politischen Kompass zu folgen. Es bedeutet auch zu überlegen, auf wen ich mich ausrichten kann, weil sie sich in meiner Nähe befinden und welche Ausrichtungen ein Verlassen meiner Komfortzonen erfordern.
Die Herausforderung ist ausgerichtet zu bleiben, mir Fehler in der Navigation einzugestehen, zu überlegen, an welchen Zielen ich mich orientieren möchte, wie Machtverhältnisse und Privilegien versuchen, immer wieder wie ein störender Magnet Einfluss auf meinen Kompass zu nehmen.
Immer wieder ausrichten, weil ich nur gemeinsam mit anderen Richtungen einschlagen kann, die mir selbst oder uns allen vielleicht erst einmal unvertraut erscheinen. Immer wieder ausrichten, um uns gegenseitig zu bewegen und auszhandeln, was unsere Wegweiser sind. Verantwortungen für meine Richtungsentscheidungen und Richtungswechsel zu übernehmen und trotzdem ausgerichtet zu bleiben.


Ich danke einer Freundin, die mir davon erzählt hat, wie sie sich beim Tangotanzen aufrichtet und welche Bedeutung das für sie hat. Die Inspiration zu Ausrichten habe ich in Sara Ahmeds Buch "Queer Phenomenology" gefunden, wo sie viel über Orientierung schreibt.

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