Montag, 6. Januar 2014

Sunday Dinner Table



Seit einem Jahr koche ich jeden ersten Sonntag im Monat ein Drei-Gänge-Menü für meine Freund_innen. Für mich ist das ein kleiner Beitrag zu feministischen caring communities. In meinem Verständnis von Repro-Arbeit gebe ich Energie in mir wichtige Menschen, die ihre Energie für andere Dinge verwenden oder deren Energie von anderen Dingen aufgebraucht wird.
In dem Retreat Center, das ich mit aufbauen möchte, gibt es in meinem Vorstellungen eine lange Holztafel, die in einer riesigen Wohnküche steht. Ich stelle mir dort Frühstückszenen vor, in denen ich vor Ahornsirup driefende Pancakes auf den Tisch stelle und mich dann mit in die herzenswarme Runde von Menschen setze.

Diese Sunday Dinner sind für mich auch eine Intervention in andere Dinner-Szenen, wie mir über das Lesen von Sara Ahmeds Texten klar wurde. Sie schreibt über die Anspannung, die es an Essenstischen häufig gibt, wenn alle mit den Augen rollen, wenn die_der "feminist killjoy" mal wieder – zum gefühlten hundersten Mal – in die vermeintlich lustige Anekdote interveniert, die mit diskriminierenden Wörtern und Stereotypen nur so gespickt ist.

My experience of being a feminist has taught me much about rolling eyes. This is why when people say the bad feeling is coming from this person or that person, I am never convinced. My skepticism comes from childhood experiences of being a feminist daughter in a relatively conventional family, always at odds with the performance of good feeling in the family, always assuming to be bringing others down, for example, by pointing out sexism in other people's talk. Say we are seated at the dinner table. Around this table, the family gathers, having polite conversations, where only certain things can be brought up. Someone says something that you consider problematic. You respond carefully, perhaps. You might be speaking quietly; or you might be getting "wound up," recognizing with frustration that you are being wound up by someone who is winding you up. The violence of what was said or the violence of provocation goes unnoticed. However, [they] speak, the feminist is usually the one who is viewed as "causing the argument," who is disturbing the fragility of peace.
(Sara Ahmed: The Promise of Happiness)
Meine Erfahrungen als Feministin haben mich sehr viel über Augenrollen gelehrt. Deshalb finde ich es nie überzeugend, wenn eine Person sagt, dass diese oder jene Person schlechte Stimmung verbreitet. Meine Skepsis stammt von frühen Kindheitserlebnissen als feministische Tochter in einer relativ konventionellen Familie, wo ich mich nie mit der Performance von guter Stimmung in der Familie wohl gefühlt hab und immer davon ausgegangen bin, dass ich andere runterziehe, wenn ich zum Beispiel auf Sexismus im Sprechen anderer hinweise. Stell dir vor, wir sitzen beim Abendessen. Um den Tisch herum ist die Familie versammelt, in höfliche Unterhaltungen versunken, in denen nur manche Dinge angesprochen werden können. Irgendwer sagt etwas, dass du problematisch findest. Vielleicht reagierst du vorsichtig. Vielleicht redest du mit ruhiger Stimme; oder vielleicht bist du ganz "aufgebracht" und nimmst deinen Frust darüber war, dass du ganz aufgebracht wegen einer Person bist, die dich auf die Palme bringt. Die Gewalt dessen, was gesagt wurde, oder die Gewalt der Provokation wird nicht wahrgenommen. Wie auch immer Feminist_innen sprechen, sie werden gewöhnlich als diejenigen angesehen, die eine Szene machen, als diejenigen, die den fragilen Frieden zerstören. (Übersetzung von mir)

Ich erinnere mich an Familienfeste, wo ich die nervöse Anspannung meiner Eltern förmlich spüren konnte, wenn sie sich innigst gewünscht haben, dass meine Verwandten mich bitte nicht fragen sollen, ob ich einen Freund hab, und ich bitte keine allzu ehrlichen Antworten geben soll. Wo ich die einzige Person in meinem Alter war, deren Einladung kein "+1" enthielt – egal welchen Herzensmensch ich dann mitgebracht hätte. Ich brauch andere Tische, an denen ich Platz nehmen kann.

Deswegen verbringe ich einen Sonntag im Monat in der Küche, wälze vorher Kochbücher und hab meine Telleranzahl verdoppelt. Ich lade eine Runde feministischer Spaßverderber_innen ein, um gemeinsam Spaß haben zu können. Wir achten gemeinsam darauf, eine Stimmung zu schaffen, mit der sich alle wohl fühlen, statt von anderen als diejenigen wahrgenommen zu werden, die schlechte Stimmung verbreiten. Wir versuchen füreinander Platz zu schaffen, um miteinander Platz nehmen zu können.

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