Samstag, 18. Mai 2013

Busy Bees - oder: Der Stress steht dir gut.

Eine Aufzählung von Projekten und Baustellen - darum drehen sich häufig die ersten Unterhaltungen mit anderen Feminist_innen oder auch die Updates mit Menschen, die ich länger nicht gesehen habe. Eine bittersüße Vorstellungsrunde.

Ich genieße es, mich mit anderen Feminist_innen über Projekte auszutauschen. Bezugnahmen aufeinander finde ich total wichtig und ich möchte die konstruktive Kritik, die ich von anderen Feminist_innen erhalte, auf keinen Fall missen. Ich fühl mich als Teil des feministischen Beats in der Stadt oder auch überregional, wenn ich höre, was andere gerade so machen und welche Projekte so am Laufen sind. Ich erzähle gerne von meinen eigenen Plänen - nicht zuletzt auch, weil ich an den Plänen eher dran bleibe, wenn ich weiß, dass andere auch davon wissen.

Doch gleichzeitig besteht immer auch die Gefahr, dass ich mich ausschließlich über meine Projekte definiere. Und beim Schreiben spüre ich schon meine Ambivalenz: Meine Projekte sind mir aber wichtig und ich will mich nicht dafür verteidigen müssen, dass sie mir wichtig sind - widerspricht laut eine Stimme in mir. Stimmt ja auch, aber nur auch eben.
Häufig kann ich nicht klar zwischen Busy-sein und Erschöpft-sein unterscheiden. Und ich frage mich, ob es zunehmend zum guten feministischen Ton gehört voll ausgelastet zu sein. Warum verweigern wir nicht mehr, immer unter Zeitdruck zu stehen und unsere Terminkalender zwei Wochen im Voraus vollzupacken? Wie könnte eine alternative Zeitplanung gestaltet sein?

Inwiefern erheben wir Funktionieren auch in feministischen Kreisen zur Norm? Was muss ich leisten können, um dazu gehören zu können? Welche Fähigkeiten und Zugangsmöglichkeiten setzen welche Aktionen und Projekte voraus? Wie kommt die Demo zu Feminist_innen, wenn Feminist_innen nicht zur Demo kommen können?

Immer wieder nehme ich wahr, wie FrauenLesbenTrans* als Folge einer rassistisch-homophob-transphob-ableistisch-klassistisch-...-sexistischen Gesellschaft an der Welt verzweifeln. Häufig resultiert diese Verzweiflung in Rückzug oder selbstschädigenden Umgangsstrategien. Ich frage mich immer wieder, wie ich Menschen in ihren Verzweiflungsphasen in meinen feministischen Communities halten kann. Ich kann zwar keine Verantwortung für ihr Leben übernehmen, aber ich kann ihnen Formen von Unterstützung anbieten. Dafür muss ich meinen Projektestress erstmal abschütteln, um mich gut auf Begegnungen einlassen zu können.

Das ist ein Puzzlestück meiner Vision für ein feminstisches Retreat-Center. Ich möchte einen Rückzugsraum schaffen, der eine Auszeit anbietet und sich jenseits von Funktionier-Normen bewegt. Wo Verzweiflung Platz haben kann und Verzweifelte von Menschen umgeben sind, die gerade emotional Platz dafür haben.

Welche Dynamiken hat dein_e busy bee?
Wie gehst du mit deiner Verzweiflung um? Und wo wendest du dich mit ihr hin?
Wie lassen sich feministische Vernetzungen und Communities jenseits von Funktionier-Normen gestalten? Was kann dein Beitrag dazu sein?

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